Die homosexuelle Emanzipation
Diskriminierung der Homosexuellen in Luzern
Am 2. Mai 1979 wird in Luzern aus Reaktion auf negative Erfahrungen mit den Behörden die...
Demonstration in Basel für Gleichberechtung und Anerkennung
"Wir brechen aus - Gay 80": Am Christopher Street Day treffen sich Homosexuelle aus der ganzen...
Lesbische Frauen demonstrieren ihre Unabhängigkeit
Bilder und Interviews einer nationalen Demonstration von Lesben anlässlich eines Kongresses zur...
Die erste Gay Pride in der Romandie
Die erste "Gay Pride" wird 1979 in Bern durchgeführt. Anschliessend findet der...
Parlamentarische Initiative für die eingetragene Partnerschaft
Am 5. Dezember 1998 reicht der Genfer Nationalrat Jean-Michel Gros, Mitglied der Liberalen Partei,...
Missverstandene und falsch interpretierte medizinische Erfolge in der Hinauszögerung von AIDS lösen...
Eine Publikation der katholischen Glaubenskongregation zum Thema Homosexualität führt auch in der...
Die Schweizer Bevölkerung stimmt am 5. Juni 2005 in einer Volksabstimmung mit beinahe 60% der...
Kontext
Am 27. Juni 1969 betreten 9 Zivilpolizisten morgens um 3 Uhr das «Stonewall Inn», ein New Yorker Homosexuellen-Lokal an der Christopher Street 53. Die Nichteinhaltung der Alkohollizenz dient als Vorwand zur sofortigen Schliessung des Lokals, nachdem die Gäste registriert worden sind. In der Folge kommt es zu Handgreiflichkeiten vor dem Lokal, die Polizisten werden mit Flaschen und Steinen beworfen. Auch in den nächsten 5 Tagen finden Krawalle und Demonstrationen von Homosexuellen, die die Legalisierung ihrer Lokale fordern und «Gay is good» (Schwul sein ist gut) skandieren, statt.
Dieser Widerstand begründet die Entstehung einer Schwulen- und Lesbenbewegung zur Einforderung von Bürgerrechten, zunächst in den Vereinigten Staaten, später auch in Europa. Ein Jahr nach dem Ereignis wird erstmals der sogenannte «Christopher Street Day» (CSD) begangen. Von Jahr zu Jahr nehmen weltweit, auch in Zürich, immer mehr Homosexuelle an diesem Protesttag gegen die Diskriminierung Homosexueller teil; der «Christopher Street Day» wird zu einem politischen Happening der Szene – mit entsprechender Beachtung in den Medien.
Wie Archivdokumente zeigen ist Zürich seit den 1950er Jahren so etwas wie die «Hauptstadt der Schwulen», dank des vielfältigen Nachtlebens und einer den Homosexuellen gegenüber relativ tolerant eingestellten Presse.
Anderswo in der Schweiz stösst die homosexuelle Emanzipation auf grössere Hindernisse. 1971 werden 300 bis 400 Demonstranten der Bewegung «Lôzane bouge», die an einer sogenannten «gay pride»-Parade offen zu ihrer Homosexualität stehen, von Passanten beleidigt und ausgepfiffen. Erst 1997 können sich in der Romandie solche Anlässe etablieren, zuerst in Genf und Lausanne, später in Freiburg, Bern, Sion, Neuchâtel und Delémont. 2005, im gleichen Jahr als das Bundesgesetz über die eingetragene Partnerschaft gleichgeschlechtlicher Paare (Partnerschaftsgesetz) in Kraft tritt, findet die «gay pride» in Luzern statt. Im Tessin bleiben die Aktivitäten der homosexuellen Bewegung bis heute marginal.
Die Archive belegen die grossen Unterschiede homosexueller Emanzipation zwischen Zürich, der Romandie und dem Tessin. In den verschiedenen Sprachgebieten prägen auch konfessionelle Unterschiede die Entwicklung seit den 1970er Jahren. In katholischen und ländlichen Gebieten erscheint das Thema bis in die 1990er Jahre kaum in den Medien.
In den Beiträgen werden nicht nur die Spannungen zwischen aktiven homosexuellen Arbeitsgruppen und Kreisen, welche die Gleichstellung Homosexueller grundsätzlich ablehnen, deutlich. Auch innerhalb der Homosexuellen-Bewegung bestehen unterschiedliche Auffassungen, ob das Erreichte genügt oder ob weitere, auch Tabu brechende Aktionen, nötig und sinnvoll sind.
Von Thierry Delessert, Doktorand am Institut für Wirtschafts- und Sozialgeschichte der Universität Lausanne (Thema: «Homosexualität in der Schweiz im 2. Weltkrieg»)